Franz Lammers mit seinem im Jahre 2000 verstorbenen Nachbarn Paul Mensing
beim Frühschoppen im Festzelt
„Am meisten freue ich mich auf den Schützenfestdienstag”, sagt Franz Lammers. Der Nienborger wird in der Woche vor den tollen Tagen in Nienborg 88 Jahre alt und gehört zu den ältesten Mitgliedern im Allgemeinen Bürgerschützenverein Nienborg 1520 e.V. Mit den Mitgliedern der Altersabteilung ist er dann beim Frühschoppen im Festzelt dabei. Der rüstige Rentner erinnert sich noch an das letzte Schützenfest vor dem 2. Weltkrieg im Jahre 1938, als August und Maria Nacke das Königspaar waren. „Die Vogelstange stand damals in der Siedlung am Schürkamp”, blickt er zurück. Danach schweigt das Protokollbuch des Vereins für zehn Jahre. In dieser Zeit erlernt er ab 1942 das Weberhandwerk bei der Firma Jordan in Heek. Als 16-jähriger wird Franz Lammers 1944 eingezogen und muss als Soldat ins Sennelager und von dort aus nach Polen, bis kurz vor Warschau. Im Oktober 1946 gehörte er zu den ersten sechs Arbeitern, die bei der neugegründeten Firma Cramer die Arbeit aufnahmen. Nach Beendigung des Krieges wurden die Schützenvereine offiziell durch die Militärregierung aufgelöst. Die Jungmänner ermittelten in dieser Zeit einen Gänsekönig. Einer toten Gans wurde ein Draht durch den Hals gezogen, dann mussten die Jungmänner der Reihe nach versuchen, den Kopf abzuschlagen. Wer den Kopf abschlug war Gänsekönig. 1948 war Franz Lammers Gänsekönig, seine Gänsekönigin war Klärchen Terwolbeck. „Das Schießen mit dem Gewehr ließen die Engländer damals nicht zu”, sagt Franz Lammers.
Gänsekönig Franz Lammers mit seiner Gänsekönigin Klärchen Terwolbeck
Das erste Schützenfest nach dem Krieg feierten die Bürgerschützen im Jahre 1950. Am Sportplatz wurde eine neue Vogelstange errichtet. Seither findet das Vogelschießen am Eichenstadion statt. König wurde Bernhard Borgers. Zu seiner Königin erkor er sich Guste Kurth. Am Dienstag nach dem Frühschoppenkonzert ging es abermals zum Eichenstadion zum programmäßigen Scheibenschießen. Scheibenkönig wurde Präsident Bernhard Lammers. Abends fand wiederum eine Polonaise durch den Ort mit anschließendem Festball statt. Sein 275-jähriges Jubiläum feierte der Verein vor 60 Jahren. Franz Lammers wurde wenige Wochen vor dem Fest als Adjudant ins Offizierskorps gewählt. „Zum Adjudant konnte nur der gewählt werden, der ein Pferd hatte”, sagt er und ergänzt, dass seine Eltern an seinem Elternhaus in der Gartenstraße eine kleine Landwirtschaft betrieben. Früher wie heute führten Offiziere auf einem Pferd den Schützenzug an.
Franz Lammers (rechts) und Anton Berteling (links)
Für Marschmusik sorgten der Musikverein Nienborg und ein Spielmannszug, der zu der Zeit ebenfalls in Nienborg existierte. Ranghöchster Offizier war der bisherige Oberst Heinrich Blömeke, der im Jubiläumsjahr zum General befördert wurde. Das Jubiläumsfest wurde vom Ablauf her wie ein normales Schützenfest gefeiert, um mit den gesparten Geldern neue Uniformen für das Offizierskorps beschaffen zu können. Die den geladenen Schützenvereinen aus Heek, Ahle und Wext-Ammert-Wichum-Callenbeck war das 1000 qm große Festzelt bis auf den letzten Platz gefüllt. Festwirt Hans Mümken hatte alle Hände voll zu tun. Mit einem wohlgezielten Schuss gelang es, Schmiedemeister Bernhard Schlüter den Rest des Vogels von der Vogelstange zu holen. Zu seiner Königin erwählte er seine Ehefrau Josefine Schlüter. Beim Sternschießen am zweiten Festtag errang Hans Borgers den ersten Preis. „Das war eine sehr schöne Zeit bei den Offizieren”, sagt er und schaut sich die schwarz-weißen Fotos an, die ihn neben Anton Berteling als Adjudant auf dem Pferd, mit dem Offizierskorps und dem alten König Willi Nacke aus dem Jahre 1954, oder bei der Kranzniederlegung am Kriegerehrenmal in der Hauptstraße zeigen.
Kranzniederlegung (Franz Lammers vorne links)
Offizierskorps im Jahre 1956, mit dem König aus dem Jahre 1954 Willi Nacke
Zu den schönsten Ereignissen eines jeden Festes gehörte das Wachestehen beim alten König und den Stabsoffizieren. „Da gab es Mittagessen und natürlich auch etwas zu trinken. Da konnte es schon mal passieren, dass man nicht bis zum Ende durchhielt”, schmunzelt er. Gerne erinnert er sich auch an die Durchzüge mit den Vorstandsmitgliedern und Offizieren durch die neun Gaststätten, und in jeder Wirtschaft wurde einer getrunken. Wirte aus Nienborg sorgten im Festzelt als Festwirt für das leibliche Wohl der Gäste. „Bei der Polonaise abends war alles im sehr schneidig, vor allem die Damen. Da kamen immer sehr viele Heek zum Polonaisegucken”, weiß er, dass die Polonaise immer etwas Besonderes war und auch heute noch ist. Ambitionen, Schützenkönig zu werden, hatte Franz Lammers nie. „Ich habe wohl mal auf den Vogel geschossen, aber nie ernsthaft bis zum Ende mitgeschossen”, ließ er seinen Schützenbrüdern jeweils den Vortritt. Vor 50 Jahre hörte er als Offiziere auf und feierte fortan an Schütze bei allen Festen kräftig mit. Wie alle Schützenbrüder hat er das 500-jährige Jubiläum fest im Auge, das die Nienborger Bürgerschützen im Jahre 2020 feiern. Das Jubiläumsfest wird sicherlich mit dem Frühschoppen am letzten Festtag in gemütlicher Runde ausklingen.