Vereinsgeschichte von 1900 bis zum Beginn des 2. Weltkrieges 1939
Von 1892 bis einschließlich 1912 fand regelmäßig alle zwei Jahre ein Schützenfest statt, während zuvor die Feiern in unregelmäßigen Abständen abgehalten wurden.
Bis 1906, so erzählt man sich, fand bereits am Kirmessonntag ein Festzug der Schützen durch den Ort statt. Dieser Brauch wurde jedoch abgeschafft, nachdem es in diesem Jahr zu einer Schlägerei mit Eper Jugendlichen gekommen war. Diese hatten die Nienborger Schützen während des Festzuges durch ans Hemd geheftete Bohnen verspottet. – Die Kirmes nannte man nämlich auch „Bohnendöpper Kirmes“ Sind wir für die Zeit von 1908 nur mangelhaft über das Schützenwesen unterrichtet, so ändert sich das mit diesem Jahr. Seit dieser Zeit sind Vereinsprotokolle erhalten. Das erste Protokoll behandelt die Generalversammlung vom 28.Juni 1908 beim Wirt Telkers. Es wurde auf dieser Zusammenkunft beschlossen, eine Vereinsfahne zum Preis von 155 Mark bei der Fahnenfabrik Franz Reinecke in Hannover in Auftrag zu geben. Noch heute befindet sich diese Fahne im Vereinsbesitz.
Bei der Wahl des Offizierskorps wurde der bisherige Oberst Hermann Schilling wiedergewählt. Schießwart Josef Kötte wurde damit beauftragt, zum Schützenfest Geschosse zum Preis von Stück 12 Pfennig zu besorgen. Geschossen wurde zu dieser Zeit bis einschließlich 1938 mit einem einschüssigen Militärgewehr von 1870.
Aus dem Jahre 1908 besitzen wir die ältesten Bestimmungen für die Festverdingung. Das Fest wurde meistbietend an einen einheimischen Wirt vergeben. 1908 fand diese Verdingung am 1. Juli in der Gaststätte Wwe. Niemeyer statt. Es wurden folgende Bedingungen gestellt:
1. Das Zelt muss von dem betreffenden Wirt angeschafft und die Anschaffungskosten von demselben bezahlt werden. Der Wirt ist verpflichtet, ein eben so großes und geräumiges Zelt im guten Zustande wie im Jahre 1906 anzuschaffen.
2. Die Musik wird vom Verein bezahlt, jedoch ist der Wirt verpflichtet, die Verpflegung für dieselbe zu übernehmen oder falls die Musik mit der Kost nicht zufrieden ist, können sich die Musiker bei einem anderen Wirt einquartieren, und der Festwirt muss Kost und Lager für die Musiker zahlen.
3. Falls der Festwirt am Kirmestage Musik hat, muss er diese dem Verein bis zum Zapfenstreich unentgeltlich zur Verfügung stellen.
4. Sowohl beim Vogel- als auch beim Scheibenschießen darf kein Branntwein verabfolgt werden.
5. Im Zelt, sowie beim Vogel- und Scheibenschießen darf nur Bier von der Brauerei A. Rolinck und Wein von Triep, Ahaus oder H. Gaupel aus Coesfeld geliefert werden. Beides muss sich in tadelloser Verfassung befinden. Sollten Proben verlangt werden, so hat der Lieferant welche dem Festkomitee zur Verfügung zu stellen.
6. Sollten nun wider Erwarten schlechte Getränke verabfolgt werden, so steht es dem Festkomitee frei, auf Kosten des Wirtes bessere Getränke zu beschaffen.
7. Das Anbieten des Ehrentrunkes ist zu unterlassen.
Auf der Generalversammlung bei Hoffkamp am 5. Januar 1910 wurde der bisherige 1. Vorsitzende Josef Fabry wiedergewählt.
Am 25. Juli 1910 beschloss der Verein neue Statuten. Im Vergleich mit den ältesten bekannten Statuten aus dem Jahre 1887 sind diese bereits umfangreicher.
Statuten für das Schützenfest 1910
1. Jedes Mitglied unter 55 Jahren ist verpflichtet, an allen öffentlichen Zügen teilzunehmen und haben sich diejenigen, welche von diesen Zügen distanziert zu werden wünschen, unter Klarlegung der Verhältnisse an den Vorstand zu wenden, welcher über die Stichhaltigkeit dieser Gründe endgültig entscheidet. Jeder Miteifernde, welcher an den öffentlichen Zügen unentschuldigt nicht teilnimmt, muss laut Beschluss des Vorstandes 1 Mark an die Vereinskasse zahlen.
2. Das Mitgliedsgeld, welches für jedes Mitglied für beide Tage 1 M 50 Pfennig beträgt, wird nach Rückkehr von der Vogelstange erhoben.
3. Jedes Mitglied hat das Recht eine Dame frei einzuführen, für jeder ferner eingeführte Dame werden 50 Pfennig Eintritt erhoben.
4. Fremde Herren zahlen p. Festtag 1 Mark und haben das Recht, eine Dame frei einzuführen, für jeder ferner eingeführte Dame dann ebenfalls gegen 50 Pfennig.
5. Ruhestörungen müssen seitens des Vorstandes und des Festkomitees durch Ausweisung aus dem Zelte sofort geahndet werden.
6. Derjenige, der den Königsschuss tut, erhält aus der Kasse 20 Mark.
7. Zum Königsschuss sind berechtigt hier wohnende Bürger und Bürgersöhne, sowie durch Heirat ansässig gewordene Personen, ferner auswärts wohnende Bürger und Bürgersöhne, welches als Vereinsmitglied verzeichnet und nicht auswärts verheiratet sind.
8. Sowohl beim Vogel- als auch beim Scheibenschießen wird nach gezogener Nummer geschossen, und es darf weder ein Schuss verkauft noch verschenkt werden. Nicht Anwesende, beim Verlassen der Nummer, können nicht berücksichtigt werden.
9. Für jeden Schuss beim Vogel- und beim Scheibenschießen müssen 10 Pfennig gezahlt werden.
10. Derjenige, der den Königsschuss tut, ist verpflichtet, die Königin aus der Zahl der Nienborger Frauen und Jungfrauen zu wählen.
11. Diejenigen Gemeindeeingesessenen über 55 Jahre zahlen pro Tag 50 Pfennig und haben das Recht, eine Dame frei einzuführen, für jeder ferner eingeführte Dame sind 50 Pfennig zu zahlen. Dieselbe gilt für diejenigen, welche pro Tag 3 Mark zahlen.
12. Die Gemeindeeingesessenen unter 55 Jahre, welche Schütze sein können und nicht sind, haben nur gegen Zahlung von 3 Mark pro Tag Zutritt zum Zelt.
13. Jünglinge aus der Gemeinde von 18 bis 22 Jahren sind, wenn auch nicht verpflichtete, so doch berechtigt, am Feste teilzunehmen und zahlen pro Tag 1 Mark.
14. Jünglinge unter 18 Jahren haben keinen Zutritt zum Zelt.
15. Am Scheibenschießen können sich nur Vereinsmitglieder beteiligen. Die Preise können jedoch nur von Festteilnehmern erworben werden. Nach dem Durchschießen darf an der Scheibe kein Schuss mehr abgegeben werden.
16. Zum Vogelschießen sind nut unter § 7 benannte Vereinsmitglieder berechtigt. Es können Mitglieder, die nicht König werden können, auch nicht nach dem Vogel schießen.
17. Vorübergehend Anwesende, welche bei der Generalversammlung im Januar noch nicht anwesend waren, müssen als Fremde betrachtet werden, können aber an den Zügen teilnehmen.
18. Die als Mitglieder aufgenommen werden wollen, müssen sich bis Montagmorgen 12 Uhr melden.
19. Bei schadensversicherungspflichtigen Unfällen ist der Verein bei der Stuttgarter Versicherung abgedeckt.
Nienborg, den 10. Juli 1910
Hewing Schriftführer
1910 nahm eine Abordnung am Jubelfest des Schüstenfestkorps in Stadtlohn teil. Zum Schützenfest 1910 sollten, so dass Protokoll, die Schützen mit einem grünen Band um den Hunt, der Vorstand in Frack und Zylinder erscheinen.
An der Fahnenweihe des Heeker Schützenvereins am 11. Juni 1911 nahm der Verein mit einer Abordnung teil.
Im selben Jahr, am 9. Juli, übergab der ehemalige Schriftführer Ferdinand Frerich gt. Schulte dem Verein ein Schilderbuch, in dem er in künstlerischer Weise sämtliche Schützenkleinodien in Tusche eingezeichnet hatte. Es wurde beschlossen, das Buch größten Anklang fand, zusammen mit der Königskette aus Sicherheitsgründen in der Spar- und Darlehenskasse aufzubewahren.
Eine Begebenheit während des Vogelschießens 1912 sei hier erwähnt. Der Vogel war so hart, dass er auch nach mehrstündigem Schießen gegen 17:30 Uhr noch auf der Stange saß. Um das Ringen um die Königswürde zu beenden, nahm man den Vogel von der Stange und befestigte ihn von neuem, jedoch weniger gut. Nach einigen Schüssen gelang dann Franz van Ledden der Königsschuss.
An der am 22. und 23. Juni 1912 stattgefundenen Nationalfeier zur „Erinnerung an die Befreiung Deutschlands und zur 25-jährigen Thronbesteigung seiner Majestät Wilhelm II.“ beteiligte sich der Schützenverein. Veranstalter des Festes war die Gemeinde Nienborg.
Beginn des I. Weltkrieges führten zum Abbruch des Zeltes und der Kirmes
Am 14. Januar 1914 wurde beschlossen, zum diesjährigen Fest für die Offiziere neue Hüte anzuschaffen. Infolge der sich überstürzenden Ereignisse zu Beginn des I. Weltkrieges fand jedoch weder das Schützenfest noch die Kirmes statt. Am 28. Juni war der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin in Sarajewo ermordet worden. Am 28. Juni fand die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien statt, am Samstag, den 1. August erfolgte die deutsche Mobilmachung und Kriegserklärung an Russland, am 3. August an Frankreich. Niemand in Nienborg dachte wegen dieser Ereignisse noch am Kirmes und Schützenfest. Das bereits aufgebaute Zelt und die Kirmes wurden wieder abgebrochen. Bedingt durch den I. Weltkrieg (1914-1918) blieb die Tätigkeit im Vereinsleben mehrere Jahre unterbrochen.
Am 27. Juni 1920 fand erstmalig wieder eine Generalversammlung statt, die beim Wirt Gerhard Kock abgehalten wurde und auf der man den Verein unter dem Vorsitz von Josef Fabry neu ins Leben rief. Auf dieser Versammlung beschloss man, eine Deputation zum Schützenfest des neugegründeten Vereins Wext, Wichum, Ammert zu entsenden, wie es auch noch heute guter Brauch ist.
1921 fand dann erstmalig nach dem Krieg wieder ein Schützenfest statt, das in harmonischer Weise von der gesamten Bevölkerung gefeiert wurde.
Von 1921-1923 kam das Vereinsleben infolge der Inflationszeit fast zum Erliegen. Nur zwei Vereinsversammlungen wurden nach dem letzten Schützenfest abgehalten. 1924 konnte die Tätigkeit im Verein endlich wieder aufgenommen und ein Schützenfest gefeiert werden, nachdem durch die Errichtung der Deutschen Rentenbank 1923 eine Stabilisierung der Währung herbeigeführt worden war.
Auf der Generalversammlung am 24. Februar 1924 beim Wirt Bernhard Rohling übernahm Bernhard Büning die Aufbewahrung der Vereinssachen. Außerdem wurde die Errichtung einer neuen Vogelstange beschlossen.
Am 15. Juni 1924 legte der langjährige Oberst Hermann Schilling sein Amt nieder. Er wurde wegen seiner Verdienste um das Vereinsleben am 10. August des Jahres zum Ehrenmitglied ernannt. Sein Nachfolger und somit neuer Leiter des Offizierskorps wurde am 15. Juni Bernhard Wigger gt. Lütke-Lembeck. Vom 27. Juni 1926 bis zum 29. Januar 1928 hatte dann Heinrich Lammers dieses Amt inne. Anschließend, bis 1936, führte Bernhard Wigger gt. Lütke-Lembeck wieder das Offizierskorps.
1926 wollte man zuerst von der Feier eines Schützenfestes absehen, da am 1. Juli fünf Häuser in der Hauptstraße und am 7. Juli zwei Häuser auf der Burg abgebrannt waren. Da jedoch niemand ums Leben gekommen war, fand das Schützenfest schließlich doch statt.
Am 27. Juli 1926 wurde eine Änderung der Statuten beschlossen, infolgedessen Mitglieder vom 18. bis zum 22. Lebensjahr nicht mehr zum Königsschuss berechtigt waren. Am 8. August des Jahres übernahm Kassierer Hermann Haring die Aufbewahrung der Vereinsutensilien.
Im Sommer 1928 nahm der Verein an der Jubiläumsfeier zum 300jährigen Bestehen der Bürgerschützengilde St. Georgi in Epe teil.
250 Jahre Allgemeiner Bürgerschützenverein Nienborg
Am 26. Januar 1930 wurde auf der Generalversammlung beim Wirt Rohling beschlossen, in diesem Jahr aus Anlass des 250jährigen Bestehens des Bürgerschützenvereins Nienborg eine Jubiläumsfeier zu veranstalten. Doch auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 18. Mai beim Wirt Wwe. Borges fasste man den Beschluss, infolge der verschlechterten Wirtschaftslage, besonders in der Industrie, ein Fest in gewohnter Länge und Weis am Kirmesmontag und –dienstag zu feiern. Das Jubelfest 1930, zu dem die Nienborger Schützenvereine Callenbeck und Wext, Wichum und Ammert geladen waren, verlief unter dem Jubelkönig Gerhard Fiebach in gewohnter harmonischer Weise.
1932 wurde auf der Generalversammlung am 24. Juli beim Wirt Hoffkamp beschlossen, infolge der schlechten wirtschaftlichen Lage anstelle eines Schützenfestes ein eintägiges Sommerfest am Kirmesmontag abzuhalten. Von öffentlichen Umzügen und Preisschießen sah man ab.
1933 feierte man ein eintägiges Schützenfest am Kirmesmontag. Am 30. Juli wurde „ausdrücklich zu Protokoll genommen, dass in diesem Jahr aus rein wirtschaftlichen und finanziellen Gründen von einer althergebrachten Kinderbelustigung Abstand genommen“ würde.
1934 sollte ein Sommerfest des Schützenvereins stattfinden. Sowohl die Kirmes als auch das Zelt standen bereits, da verstarb am Donnerstag, dem 2. August der Reichspräsident Paul von Hindenburg. Das Sommerfest fiel wegen der Staatstrauer aus, die Kirmes konnte allerdings abgehalten werden.
Am 8. März 1936 legte der langjährige 1. Vorsitzende Josef Fabry sein Amt nieder. Wegen seiner hervorragenden Verdienste um das Vereinswohl wurde er darauf zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Zu seinem Nachfolger wählt man seinen Sohn Franz Fabry.
Für den scheidenden Oberst Bernhard Wigger gt. Lütke-Lembeck wurde am 14. Juni des Jahres Otto Haase gewählt.
Durch Verfügung des Reichssportführers wurden 1936 alle Schützenvereine dem „Deutschen Schützenbund“ im „Reichsbund für Leibesübungen“ eingegliedert. Sämtliche andere Schieß- und Schützenverbände wurden aufgelöst. Den Nienborger Verein gliederte man am 27. April unter der Nummer 10612 dem Verband an.
Am 1. Januar 1937 übernahm der „Deutsche Schützenverband“ die Führung der Schützenvereine.
1937 wurde dem Mitglied Josef Kötte junior die Bildung einer Schießgruppe übertragen. 1938 errang der Schützenbruder Fiebach mit 110 Ringen den Titel eines Schützenmeisters.
1938 fand das letzte Schützenfest vor dem ein Jahr später beginnenden 2. Weltkrieg statt. Seit der letzten Eintragung vor dem Krieg am 21. August 1938, schweigt das Protokollbuch des Vereins genau 10 Jahre.
2. Weltkrieg 1939 – 1945